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Die Zukunft heisst Inklusion

Das Strategie-Projekt «Gemeinsam in die Zukunft» von GHG Sonnenhalde Tandem ist darauf ausgerichtet, den Bewohnenden ein noch schöneres Zuhause zu bieten und bei Mitarbeitenden mit Unterstützungsbedarf die Freude an der Arbeit zusätzlich zu steigern. Institutionsleiter Fabian Eberle gibt im Interview einen Einblick in die anstehenden Massnahmen.

«Wenn wir die Räumlichkeiten klüger anordnen, haben wir Platz für alle Bewohnenden in einem Haus.»

Fabian Eberle, was ist der Hintergrund der Zukunftsstrategie von Sonnenhalde Tandem? 

Wir haben in einem Strategieprozess die Stossrichtungen unserer verschiedenen Bereiche neu ausgerichtet. Einerseits geht es dabei um den Inklusionsgedanken – aber auch um die räumliche Entwicklung. Der Wohntrakt 59a und das Gebäude Peter und Paul sind veraltet und entsprechen den Bedürfnissen von Menschen mit einer Beeinträchtigung nicht mehr in allen Belangen. Wir möchten unseren Bewohnenden einen höheren Standard ermöglichen.

Was heisst das genau?

Es geht dabei um den Platz. Wie gross soll ein Zimmer sein? Und – hat eine Person mit einer Beeinträchtigung Anrecht auf eine eigene Nasszelle? Ich finde es traurig: In einem Altersheim, in das die Menschen erst ab etwa 65 eintreten, haben alle Anrecht auf ein eigenes Bad. Menschen mit einer Beeinträchtigung treten oft schon mit 18 in ein Wohnheim ein und leben bis ins hohe Alter in einer Institution. Und sie sollen dieses Anrecht nicht haben?

In den Wohngruppen sollen künftig Menschen mit gleichen Interessen zusammenleben.

Wer bestimmt, wer ein solches Anrecht hat und wer nicht? 

In den Richtlinien zur Infrastruktur von Einrichtungen für erwachsene Menschen mit Behinderung des Kantons St.Gallen ist festgehalten, welche Richtwerte beim Bau von sozialen Institutionen vorgesehen sind. Dabei ist beispielsweise ein eigenes Bad für Menschen mit einer Beeinträchtigung nicht vorgesehen. Wir aber planen fest mit dieser baulichen Massnahme; wenn nötig, werden wir dies anderweitig finanzieren.

Wie gross wird dieser Umbau im Gebäude 59a?

Wir wollen alle Bewohnenden unter einem Dach unterbringen. Und wir wollen für die Wohngruppen sowie die darin enthaltenen Einzelzimmer mit Nasszelle mehr Platz. Dafür sind Anbauten und Umbauten am Gebäude geplant. Die Planung ist noch in vollem Gange.

Wann wird der Umbau starten und wie lange wird er dauern?

Wir haben einen Erstentwurf für das Wohngebäude von einem Architekten erstellen lassen. Aktuell sind wir an der Planung des Tagesstrukturgebäudes. Auch müssen wir ein Provisorium für die Zeit während der Bauarbeiten auf die Beine stellen. Wir sind recht schnell unterwegs und hoffen, dass wir mit dem Bauprojekt im Jahr 2024 an den Kanton gelangen können.

«Heute ist ein eigenes Bad für Menschen mit einer Beeinträchtigung nicht vorgesehen. Das wollen wir ändern.»

Welche weiteren Bedürfnisse von Bewohnenden möchten Sie zukünftig erfüllen?

Wir sind dabei, die Bewohnenden ihrem Alter und ihren Interessen entsprechend in Wohngruppen einzuteilen. Wir möchten Gruppen zusammenstellen, in denen Gleichgesinnte zusammenleben, um auch für junge Menschen noch attraktiver zu sein. Das ist ein grosses Bedürfnis. Auch Menschen ohne Beeinträchtigung suchen Menschen mit ähnlichen Interessen fürs Zusammenleben aus.

Ebenso werden wir im Bereich Tagesstruktur den Menschen, die wir betreuen, mehr Aktivitäten anbieten, die ihren breiten Interessen entsprechen.

Das Angebot im Bereich Tagesstruktur wird dieses Jahr ausgebaut.

Die Zukunftsstrategie beinhaltet nebst baulichen Massnahmen auch Projekte im Bereich Inklusion …

Genau. Wir bauen das Angebot Wohnen Ambulant weiter aus. Wir betreuen aktuell sechs Menschen, die selbständig wohnen, weitere haben sich bereits angemeldet. Die Nachfrage ist gross. Wir fördern zudem Integrationsarbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt und haben schon zwei Projekte initiiert: Im MuCafé des Kulturmuseums St.Gallen arbeiten fünf Menschen mit einer Beeinträchtigung mit. Und für eine weitere Person konnten wir einen Arbeitsplatz in einem Detailhandelsgeschäft in Arbon organisieren.

Freut es Sie, dass die Inklusion auch in der breiten Öffentlichkeit mehr Gehör findet?

Es freut mich enorm. Die Schweiz hat die UNO-Behindertenkonvention 2014 ratifiziert. Und doch hat es noch ein paar Jahre gedauert, bis das Thema der Inklusion in der Gesellschaft präsenter geworden ist. Ganz besonders freut mich, dass unser Komiktheater eine Co-Produktion mit dem St.Galler Stadttheater inszenieren wird. Dieses Jahr wird geprobt, die Aufführungen werden 2024 stattfinden. Und doch – es gibt in Sachen Inklusion noch viel zu tun. Wir bleiben dran.

UNO-Behindertenkonvention

Das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention BRK) wurde 2006 in New York von der Generalversammlung der UNO verabschiedet. Die Schweiz ratifizierte die Konvention 2014. Mit ihrem Beitritt verpflichtet sich das Land, Hindernisse zu beheben, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind, sie gegen Diskriminierungen zu schützen und ihre Inklusion und ihre Gleichstellung in der Gesellschaft zu fördern. Die Konvention schafft keine Sonderrechte für Menschen mit Behinderungen, sondern übernimmt die Grundrechte der verschiedenen Menschenrechtsinstrumente und überträgt sie auf die besondere Situation der behinderten Menschen. Das Ziel: Menschen mit Behinderungen sollen ihre Rechte in gleichem Masse ausüben können wie Menschen ohne Behinderungen. Die Konvention enthält daher Bürgerrechte, politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Rechte. Das internationale Übereinkommen zählt heute 175 Vertragsstaaten