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Im Wald verschieben sich die Werte

Eine sinnvolle Arbeit im Wald. Das bietet das Forstprojekt im Tandem. Von der Aktion profitieren Menschen mit Wahrnehmungsstörung, Autismus, Asperger sowie Personal, regionale Förster, Öffentlichkeit und Brennholzkunden gleichermassen.

Wie bei vielen schönen Geschichten geht auch diese auf eine zufällige Bekanntschaft zurück. Es waren die Tandem-Mitarbeiterin Kathrin Bosshart und die Tochter des Revierförsters Erwin Keller, die 2012 dieselbe PTA (Pfadi Trotz Allem) besuchten. Dass die Arbeit im Wald für Menschen mit einer Wahrnehmungsstörung eine sinnvolle Perspektive bietet, wurde rasch klar. Die Tandem-Crew informierte sich, schaute sich ein ähnliches Projekt in einer anderen Institution an und entschied sich, mit dem Forstprojekt zu starten. Mittlerweile sind einige Jahre vergangen. Das Projekt hat sich entwickelt. Die Ziele sind dieselben geblieben: Mehrwert für die Tandem-Mitarbeitenden mit Wahrnehmungsstörung, Autismus oder Asperger durch die Arbeit im Wald.

Menschen mit einer Wahrnehmungsstörung bei der Forstarbeit im Wald.

Spannung abbauen, Wertschöpfung erleben und Anerkennung ernten

Sie profitieren auf vielen Ebenen – allem voran die deutliche Reduktion von Spannungen. «In geschlossenen Räumen mit viel Begrenzungen kommt es öfter und schneller zu Eskalationen», erklärt Tandem- Teammitglied Jonny Schönenberger. «Wir haben Platz im Wald, können rausgehen und einen kurzen Spaziergang zur Beruhigung machen.» Im selbstrenovierten Bauwagen, den das Tandem als Materialdepot und für Pausen nutzt, sitzen die Mitarbeitenden auf engstem Raum gemütlich beisammen. Eine Situation, die im normalen Umfeld undenkbar ist. «Hier draussen verschieben sich die Werte.» Ein weiterer Vorteil der Forstarbeit ist, dass durch die Bewegung die Motorik gefördert wird. Auch Ängste, etwa vor grossen Maschinen, können abgebaut werden. Wertvoll ist zudem, dass die Mitarbeitenden bei der Arbeit in Kontakt mit der Öffentlichkeit sind – mit Spaziergängern oder der Kundschaft. Ein weiteres Plus: Die Mitarbeitenden erleben den gesamten Wertschöpfungsprozess von A bis Z mit – vom Baum-Fällen über den Zuschnitt, den Transport, die Verarbeitung bis zur Auslieferung.

Begeisterung auf allen Seiten

Die Feedbacks zum Forstprojekt sind durchgehend positiv. Jonny Schönenberger schätzt, dass rund 90 Prozent der Mitarbeitenden die Arbeit im Wald super finden. «Sie sind stolz auf ihre Tätigkeit, den Umgang mit den Maschinen und auf ihre schicken Arbeitskleider.» Die Rückmeldungen der Angehörigen bezeichnet er als «sensationell ». Dass auch Spaziergänger, Kundschaft und das Personal Freude an der munteren Truppe haben, freut doppelt.

Wald nachhaltig nutzen, Brennholz verkaufen

Das Tandem-Personal um Jonny Schönenberger, Marion Rausis und dem gelernten Forstwart Ramun Hess trifft sich jährlich mit dem zuständigen Revierförster zur Besprechung der Ziele und Massnahmen. Zurzeit geht es hauptsächlich darum, Naturholz, Stammholz und Astholz aufzuräumen, abzuführen und zu Brennholz zu verarbeiten. Weiter wird das herumliegende Kleinholz von den Tandem-Mitarbeitenden zu Haufen aufgestapelt. Diese dienen den kleinen Waldbewohnern wie Fuchs, Hase oder Dachs als Nistplätze und bereichern dadurch deren Lebensraum. Würde das Tandem diese Arbeit nicht verrichten, würde das Kleinholz geschreddert. Das Tandem trägt so zur nachhaltigen Nutzung des Waldes bei. Jede Woche von Dienstag bis Donnerstag sind die Mitarbeitenden und das Personal vom Tandem hierfür in wechselnder Besetzung mit den Arbeiten im Wald bei Uzwil, Abtwil und Wolfhalden beschäftigt. Übrigens: Das Brennholz kann zu fairen Preisen beim Tandem (+41 71 311 57 70 oder info@ghg-sonnenhalde-tandem.ch) bezogen werden.